Die antike Bauphase (1. Jh. v./n. Chr.)
Zur antiken Bauphase gehört zuallererst der markant bearbeitete Fels, der als Basis die Mauerführung anzusehen ist. Er bildete an der beschriebenen Stelle ein kleines Podium außerhalb eines Mauerdurchlasses (Poterne) und die Basis für einen östlich der Anlage aufragenden gewaltigen Turm (auf dem heute die Mauern C und E stehen).
Die beiden Miqwen weisen zahlreiche Identifikationsmerkmale aus der Zeit des 1. Jh. v./n. Chr. auf: Es handelt sich um in Fels gehauene Bäder, auf deren Wände mehrere Putzbeschichtungen aufgetragen wurden. Das Tauchbecken ist über in Felsen gehauene Stufen erreichbar. Die südöstliche Miqwe weist eine getrennte Stufenführung auf (um gereinigte Besucher von eintretenden Unreinen zu trennen). Auch das unvermörtelte Tonnengewölbe mit behauenen Steinen zwischen parallel laufenden Mauen der nordwestlichen Miqwe entspricht der Bauform dieser Zeit (s. Abbildung rechts).
Die baugeschichtliche Zuordnung der Miqwen in das 1. Jh. v./n. Chr. wird auch durch Messdaten bekräftigt: Die Höhe der Schwelle am Essenertor – dem Eingang in die Stadt zur Zeit Herodes d. Gr. – entspricht der errechneten Höhe der untersten Stufe am früheren, von Maudsley noch gesehenen und 1874 fotografisch dokumentiertenZugang der Miqwen-Anlage. Die Höhe der Schwelle des Essenertors liegt bei 746,863 m NN. Die unterste Stufe an der Miqwen-Anlage weist laut Abbildung 14und der Beschreibung Maudsleys eine Höhe von 746,874 m NN auf.
Der Verwitterungsgrad der Formsteine am nordwestlichen Gewölbeeingang entspricht dem der Türschwelle und der unteren aufgehenden Begrenzungssteine des ehemaligen Durchgangs. Schwelle und der Torwände des zugemauerten dritten Zugangs stehen auch bezeichnend in ein- und derselben Flucht ca. eine Steinlage südlich vor der 1848 errichteten, heute optisch alles dominierenden Friedhofswand. Die Ummauerung der südöstlichen Miqwe folgt der Friedhofsbegrenzung.
– Antike Bauphase (1. Jh. v./n. Chr.)
– Von der Anlage des Friedhofs (1848) bis zum Foto von Wilson (1865)
– Umgestaltung und Erweiterung des Friedhofs (1904/1905)
– Moderne Veränderungen in der zweiten Hälfte 20. Jh.
– nicht bestimmbar
Antikes Gewölbe über der nordwestlichen Miqve
Modern Gewölbe über der südöstlichen Miqve
Oben: Antike Treppenanlage; unten: Heutiger Zugang von Süden und modernes Zwischenpodest mit den oberen antiken Treppenstufen rechts im Bild.
Von der Anlage des Friedhofs (1848) bis zum Foto von Wilson (1865)
Samuel Gobat erwarb 1848 das Grundstück der heutigen Bischof Gobat Schule sowie das Friedhofsareal. Damals muss die südöstliche Miqwe im Zuge der Friedhofsummauerung ihr heutiges Aussehen (inkl. des Gewölbebogens) erhalten haben. Deren heutige bogenförmige Überwölbung schließt exakt mit der Kante der Mauer aus der Mitte des 19. Jh. ab, sie ist deutlich anders gebaut als das unvermörtelte Tonnengewölbe der westlichen Miqwe. Möglichweise antike Formsteine wurden nur am Sichtkante verwendet, sonst – wie in osmanischer Zeit üblich – ein Gemenge aus Füllmaterial, Mörtel und Bruchsteinen (s. Abbildung rechts).
Das historische Foto von Wilson aus dem Jahr 1865 (s. Abbildung rechts) zeigt, dass die Begrenzungsmauern der oberen Ebenen der Miqwen-Anlage bereits hinzugefügt wurden (Trockenmauern ohne Zement).
Umgestaltung und Erweiterung des Friedhofs (1904/5) und moderne Veränderungen
Die auf der Miqwen-Ebene und auf dem Zwischenpodest vom unteren Zugang verlegten Bodenplatten wurden samt dem Zwischenpodest und dem südlichen Treppenzugang erst nach 1865 erbaut. Alle mit Zement errichtetem Mauern auf dem oberen Miqvenebene (s. Begrenzung nach Osten) stammen aus der Zeit der Friedhofserweiterung um 1904/5.
Bei der modernen Umgestaltung des Friedhofs gegen Ende des 20. Jahrhunderts wurde – vgl. die Verwendung von Zementmörtel, Stahlträgern und Betonfüllungen – die Betonverfüllung auf der Zisterne gegossen.